In der Praxis war sie höchst fatal, weil der schwefelhaltige Rauch der Dampflokomotiven dem Dom schwer zusetzte. An dieser Stelle muss ich mich immer beherrschen, weil ich sonst kein Ende finde. Und mein Thema heute ist ja der Deutzer Bahnhof.
Warum Bahnhöfe unbedingt wie Paläste aussehen sollten, das kann im Grunde nur der Historismus beantworten. Aber sei’s drum, es ist ein schönes Ensemble, das den Krieg mit nur kleinen Schäden überdauert hat und inzwischen sorgfältig wieder hergerichtet ist. Trotz aller Meckerei gefällt mir auch die Anlage davor. Der Ottoplatz hat großstädtischen Charakter, die Bäume werden von selber größer, und das Ganze ist ja nicht zum Chillen gedacht, sondern für den Transit oder das Entree zur City. Seit die ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse von Köln über den Frankfurter Flughafen und weiter Richtung Süden fertiggestellt ist und die Fahrzeiten möglichst kurz sein sollen, meidet die Bahn tunlichst das Nadelöhr Hohenzollernbrücke/Hauptbahnhof und nutzt den Deutzer Bahnhof als Durchgangshalt. So weit, so gut.
Nur: Wenn Sie in Deutz ankommen und vom Fernverkehr in die Regionalzüge oder die S-Bahn umsteigen wollen, um über den Rhein in die Stadt zu gelangen, haben Sie ein Problem: Es gibt keine Rolltreppe, es gibt keinen Aufzug, noch nicht mal Förderbänder oder Schrägen, über die Sie Ihren Koffer ziehen könnten. Nein, von Gleis 11 aus müssen Sie 39 Stufen – spätestens seit Alfred Hitchcock eine kriminelle Zahl – überwinden, von Gleis 12 mit der Unterführung sind es sogar 96 Stufen, so viel wie in einem vier- bis fünfstöckigen Haus!

Ganz clevere Reisende könnten den Weg außen herum um den Bahnhof nehmen, den Eingang an der Rückseite nutzen und über die lange Rampe dort auf den S-Bahnsteig gelangen. Abenteuer Deutz. Absurd, oder? Etwas karikierend gesagt: In derselben Zeit kommen Sie von Deutz mit dem ICE ja fast zum Frankfurter Flughafen. Außerdem steht in den Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn, meines Lieblingskonzerns, nichts von einer erfolgreich bestandenen Pfadfinderprüfung.
Ich weiß gar nicht, warum. Aber ständig erregt die Bahn mein Missfallen. Ich hatte ja in meiner Kolumne vor einiger Zeit die Verwahrlosung der Südbrücke beklagt. Neulich war ich mal wieder da. Und es ist noch schlimmer als damals. Als ob sich die Bahn sagte: „Ist uns doch egal, was die alte Nervensäge da wieder zu kamellen hat! Jetzt erst recht!“ In diesem Sinn frage ich mich, ob es besser wäre, einfach still zu sein und am Deutzer Bahnhof weiter den geduldigen Packesel zu spielen. Aber Sie wissen ja inzwischen: Den Mund halten, das schaffe ich einfach nicht.